Pastorin Feddersen feierlich verabschiedet
Sichtlich aufgeregt war Seesters Pastorin Bettina Feddersen zu Beginn des Gottesdienstes am Sonntag, 29. August 2021. Immerhin war dies kein gewöhnlicher Gottesdienst in der St. Johannes-Kirche, sondern der letzte, der von ihr als örtliche Seelsorgerin geleitet wurde. Pastorin Feddersen geht nach 28 Jahren Dienst in der Ev.-luth. Kirchengemeinde Seester in den wohlverdienten Ruhestand.
"Von Seester aus in die weite Welt" wurde Feddersen nach eigenen Worten in all den Jahren immer wieder gefordert. Waren es zu Beginn ihrer Tätigkeit in Seester Kinder aus der Region des havarierten Atomkraftwerks im ukrainischen Tschernobyl und später aus Weißrussland, so galt es in den letzten Jahren vor allem, sich um Flüchtlingsfamilien beispielsweise aus Afghanistan zu kümmern, die in der Seestermüher Marsch ein neues Zuhause fanden. Gerade in den letzten Wochen ihrer Tätigkeit habe dieses Thema noch einmal an Brisanz gewonnen, so sei eine in Seestermühe lebende Familie auf sie zugekommen, die sich angesichts der jüngsten Entwicklungen in Afghanistan um das Wohlergehen ihrer dort noch lebenden Verwandten sorgt und um Hilfe bei der Flucht aus dem umkämpften Land bat.
Auf ihr besonderes Engagement ging auch Probst Drope in der Verabschiedungszeremonie ein. So erinnerte er unter anderem an die Strickaktion der Kirchengemeinde, an der sich die scheidende Pastorin aktiv beteiligt hatte. Rund 100 Meter Schal kamen so zusammen, die das Gotteshaus einmal umspann und anschließend verkauft wurde, um Geld für die dringend benötigte Kirchensanierung zu generieren.
So war es denn auch nicht verwunderlich, dass sich Feddersen gleich zwei Projekte ausgesucht hatte, an die die Kollekte ihres letzten Gottesdienstes gehen sollte: Die Flüchtlingshilfe und die Sanierung des hölzernen Glockenstuhls der St. Johannes-Kirche.
Im Anschluss an den Gottedienst lud der Kirchenvorstand zu einem gemütlichen Zusammensein auf dem Kirchensaal bzw., aufgrund des angenehmen Sommerwetters gern genutzt, im Garten rund um das Saalgebäude. Humorvoll blickte Feddersen hier auf ihre langjährige Tätigkeit und vor allem ihre Anfänge in Seester zurück. "Eine Frau als Pastorin, deren Ehemann sich zu Hause um den Haushalt und die Kinder kümmert, wurde zunächst von dem ein oder anderen recht argwöhnisch betrachtet", resümierte sie. Auch die Bürgermeister der Gemeinden Seester und Seestermühe und die Pastoren der benachbarten Gemeinden überbrachten ihre Grüße, während der Projektchor für die musikalische Untermalung sorgte.
Seestermühes Bürgermeister Thorsten Rockel brachte schließlich zur Sprache, was alle Anwesende dachten: "Dass unsere Pfarrstelle hier nicht mehr neu besetzt werden soll, das ist nur schwer vorstellbar und ich hoffe, dass dies nur ein vorübergehender Zustand ist".
Hintergrund ist einerseits der stetige Rückgang der Kirchenmitglieder, auf der anderen Seite der anhaltende Mangel an Pastoren-Nachwuchs in der evangelischen Kirche. So wurde die Pfarrstelle in Seester von ehemals einer ganzen auf nunmehr eine halbe Stelle reduziert. Diese wird künftig von Pastor Andreas-M. Petersen wahrgenommen, der seit vielen Jahren eine halbe Pfarrstelle in der Kirchengemeinde Haselau besetzt und bislang auch für den Kirchenkreis gearbeitet hat und nunmehr jeweils eine halbe Pfarrstelle in Haselau und in Seester antreten soll. Unterstützt wird er dabei durch die weiteren Pastorinnen und Pastoren der sogenannten "Kirchenregion Marsch & Geest", der neben der Seesteraner Kirche auch die Kirchengemeinden Haselau, Haseldorf/Hetlingen, Moorrege-Heist und Appen angehören.
Siehe hierzu:
10.08.2021: Pastorin Feddersen geht in den Ruhestand: so geht es weiter